für Wolfgang Pohrt
Leider enthält dieser Beitrag nicht das Bild, von dem in ihm die Rede ist. Ich will niemandes Rechte verletzen und habe deswegen eine Anfrage bei dem Verleger von Wolfgang Pohrts Schriften, Klaus Bittermann, gestartet. Ich bin gespannt, wie so etwas abläuft. Ich bin in solchen Angelegenheiten noch der Novize. Ich träume von einer Fachkraft für solche Dinge … aber ich fange schon mal an…. Und schon kann ich das Ergebnis melden. Umgehend kam die freundliche Antwort auf mein Ansinnen. Vielen Dank dem Edition Tiamat Verlag, Berlin. Vielen Dank Klaus Bittermann. Also nichts wie wieder rein mit dem Bild.
Ich habe gestern einen Brief geschrieben und heute das Bild in eine Endfassung gebracht. Ich hatte es kurz nach seinem Tod gemalt, um es ihm irgendwann zu widmen. Eine erste Version hatte ich wenige Tage nach der Todesnachricht auf meiner Facebook-Seite an meine Freunde gepostet. Seit der Öffentlichwerdung meiner Website ist die Gelegenheit und der Moment gekommen, zu dem ich mein seit heute fertiggestelltes Bild meinem bemerkenswerten Hochschullehrer Wolfgang Pohrt widmen kann. Worum es geht, erzählt in diesem besonderen Fall einmal ein Brief (mit freundlicher Zustimmung des Adressaten).
Und so lautete der Brief (versehen mit nur wenigen notwendigen Ergänzungen oder Korrekturen) :
Hallo T.,
Freitag, den 11.05.2019 habe ich leider einen Termin, also bliebe noch der Donnerstag für ein Treffen. An genau diesem Donnerstagabend ist in der Universität eine Veranstaltung, die ich nicht unerwähnt lassen will. Sie dient der Erinnerung an Wolfgang Pohrt, der um den Jahreswechsel herum verstorben ist. Er war als Soziologiedozent an der Uni einige Jahre tätig und hat so seine Verehrer, unter anderem A:, B., C. und mich. Übrigens, dieser Typ aus K., den du auch kennst, wie ich weiß, wäre ihm am Liebsten auf Schritt und Tritt gefolgt, damals. Aber sein Privatleben entzog er unseren Blicken, denn er kam für seine Veranstaltungen stets angereist, und niemand von den Leuten, die ich kannte, war wirklich sicher, wo er tatsächlich wohnte.
Pohrt war ein Mentor des unerschrockenen Denkens und des ausgefeilten Formulierens und hatte sich bald mit fast allen Platzhirschen an der Uni angelegt. Im Auge dieses Hurricanes an phantasievoller Parteinahme und intellektueller Angriffslust haben wir in seinen Seminaren ihm gelauscht und ihn mit freundlicher Stimme bestimmt sagen hören, wie unerhört unsinnig und redundant manche unserer Referatssätze seien, und haben mit großer Lust gelernt, wie recht er hatte. Also ohne ihn wären wir nicht die, die wir jetzt sind. Ich glaube, ähnliches werden alle sagen, die damals an seinen Seminaren teilnahmen.Was könnte dich das angehen, warum erzähl ich das?
An diesem Abend spricht sein Verleger Klaus Bittermann über ihn und wird aus seinen Schriften einiges vorlesen. Diese kleinen Aufsätze, selten erreichen sie die Länge essayistischer Abhandlungen, sind voller überraschender Wendungen und Synthesen, so als ob man ein Bad in Worten nähme, das mit den Badeessenzen Pardon, Adorno, Titanic, Karl Marx, Micky Maus und Hannah Arendt angereichert wurde. An den Grenzen des Denkens, wo sich der gemeine Intellektuelle in den Opportunismus des gesunden Nachdenkens flüchtet, wollte er nicht Halt machen. Er verfolgte die Logik unserer Argumentationen so lange, bis er und wir in deren Abgründe blicken konnten. Aus der Dialektik der Aufklärung wurde bei ihm z. B. die Aufklärung der Dialektik über sich selbst, nämlich den Moment, wo sie die Handlung verweigert, zu der sie unfähig scheint. Ist das Unsinn? Oder seine Analyse der Alternativ-Bewegungen, in denen er Affirmativ-Bewegungen aufspürt, und Schlimmeres. Auf jeden Fall ist dies der Modus des Denkens, in dem wir, wie von einem Sog gezogen, in seinen Seminaren landeten.
Wenn dich das interessieren sollte, könnten wir nämlich unser Meeting auch nachmittags beginnen, bei uns was essen und anschließend zu diesem Vortrag gehen, oder du fährst, wenn das Wichtigste besprochen ist, schon vorher nach Hause. Wie auch immer, your choice.
Es kann natürlich auch ein Reinfall werden, weil der Meister der Ideologiekritik nicht da sein wird, um sich gegen seine Vereinnahmung durch heutige Ideologen zu wehren. Und sei es auch nur die Ideologie seiner Verehrung.
Morgen werde ich dann wieder ab 13 Uhr bei X in der Stadt sein. Vielleicht passt das ja in dein Weg-Schema und wir sehen uns zumindest dann noch einmal in dieser Woche.
Liebe Grüße
Dein HmH