ein farbloser nachmittag im sommer
Eigentlich war es wie immer in diesem Sommer des Jahres 2018. Es war heiß. Da waren zwar diese vielen Wolken am Himmel, aber 30 Grad waren es auch heute. Wir waren zu Besuch in Köln, hatten uns mit unserer Tochter und ihrem Freund zu einem Bummel verabredet, trafen uns beim Museum Ludwig und waren in die klimatisierten Ausstellungsräume geflüchtet. Das Museum präsentierte zu dieser Zeit eine Werkschau der südkoreanischen Künstlerin Kim Young-Hee.
Durch die Fenster des Museums war an einer Seite der Blick in den Innenhof des Museums mit dem Museumscafe möglich. Das Foto, das ich in diesem Moment aufnahm, würde später erneut mein Interesse auf sich ziehen. Als wir uns nach zwei Stunden wieder hinaus in die üppige Wärme des Tages wagten, wandten wir uns in Richtung Rheinpromenade. wo die Kölner und ihre Besucher sich dem nicht endenwollenden Sommerwetter hingaben. Alle Bänke waren besetzt und auch die stellenweise schon strohfarbenen Flächen, die bei anderem Wetter Rasen gewesen wären, waren belagert von leicht bekleideten Menschen. Am Ufer des Rheins wartetenen die weiß glänzenden Ausflugsschiffe, die ihre unterschiedlichen Reiseziele in unterschiedlich schriller Aufmachung offerierten. Als wir alle feststellten, dass wir schon seit langer Zeit keine Bootsplanken mehr betreten hatten, fassten wir den Entschluss zu einer einstündigen Rundfahrt. Der Zufall wollte es, dass wir unser Bootsdeck für die nächste Stunde mit einer Hochzeitsgesellschaft teilen mussten, die in selten zu erlebender Deutlichkeit die Varianz der menschlichen Existenz auslebte. Hier traf Exaltiertheit auf vornehme Zurückhaltung, Bescheidenheit auf Maßlosigkeit, Würde auf Erbärmlichkeit, Schönheit, verkörpert durch die Braut in ihrem sündhaft teuren Designerbrautkleid, beglaubigt durch die elegant gekleidete Brautmutter, die sich an ihrer Seite hielt und dem Bräutigam, dessen schönster Tag im Leben wohl vor allem durch ein unkontrolliertes Saufgelage mit zwei anderen männlichen Hochzeitsgästen dokumentiert wurde, die sich, stark wankend, Arm in Arm stützend umschlangen und weitgehend Unverständliches aber mit Lautstärke absonderten.
Ja und dann war da ja noch der eigentliche Sinn der ganzen Unternehmung: einen Blick auf die Stadt zu erleben, wie ihn nur eine solche Schifffahrt ermöglicht auf diesem Strom, der die Stadt Köln teilt und über die Jahrhunderte geprägt hat. Wieder machte ich ein paar Schnappschüsse mit dem Handy und natürlich reizte die Form der neuerbauten riesigen „Kranhäuser“ dazu festgehalten zu werden.
Als ich dann am Ende des Tages die gemachten Fotos durchklickte, schienen mir zunächst die Bilder von unserer Rheinfahrt einen Defekt zu haben. Sie wirkten wie schwarz/weiß Aufnahmen. Das waren sie nicht, aber dieser seltsame Tag hatte sich wohl auch durch ein seltsames Licht ausgezeichnet, das die Farben fast zum Verschwinden gebracht hatte. Als ich noch unentschlossen mit dem Stift auf den Fotos herumstrich, wurde mir das Ziel deutlich. In diese Bilder mußte Farbe, ganz viel Farbe. Gedacht, getan. Voila.