Seit Weihnachten steht sie nun in meinem Zimmer und schaut mich herausfordernd an, Die Staffelei. Um das Beschaffungsproblem im Bereich Malflächen abzufedern, habe ich nicht gleich Leinwände herbei bestellt, sondern male auf Hartfaserplatten, Bilderrückwänden u.ä.
Ich beginne erstmal mit einer leeren Fläche. Die richtigen Künstler dürfen jetzt lachen, aber das ist für mich nicht der Normalfall. Dieses Vorgehen hatte ich schon bei den corona-sessions begonnen, es ist mir also schon etwas vertraut. Nicht vertraut ist mir dagegen die Größe der Bildfläche und auch der Anspruch, das Bild als Ganzes fertig zu stellen, und nicht nur das BILD im Bild zu suchen, wie ich das gelegentlich schon mal ausgeführt habe.
Man braucht also eine Ausgangsidee, die für ein ganzes Bild reicht. In diesem Beispiel ist die Bildidee erstens ein Text, der sich über das Bild verteilen sollte, und zweitens die vom Text nicht besetzten Bildlücken mit ganz vielen Strichweibchen und Strichmännchen zu füllen, vorzugsweise in leichter Variation, der Rest sollte intuitiv erfolgen. Die ersten Ideen habe ich auf dem folgenden Zettel festgehalten und zugleich die Hoffnung gespürt, da geht was-
Phase zwei: ich habe meine Ideen erstmal über die tatsächliche, in hellem Grau grundierte Bildfläche verteilt.
Was mir danach als erstes auffiel: die männlichen Figuren hatten eine zu große Dominanz durch die Kontrastwirkung der schwarzen Striche auf dem hellen Untergrund. Dies zeigt, wie sehr am Anfang noch mein Wirken steht. Ich musste den Fehler (als solches sehe ich diesen unerwünschten Effekt an) erst machen um ihn zu erkennen. Mein Plan also: erstens verdunkle ich den Hintergrund indem ich eine weitere, etwas intensivere graue Schicht über das ganze Bild lege, zum anderen verwische ich die Konturen etwas, indem ich über die Figuren relativ feucht hinweg male.
Dann sah ich wieder eins meiner „berühmten“ Gesichter eben dort, wo vorher GIRLS stand. Unglücklicherweise waren sie auch noch neben das Wort ugly vom darüberstehenden Satz geraten. Das schuf Assoziationen, die ich nicht beabsichtigte. Der Kopf bekam noch Pupillen, einen Mund und einen Hut und der Schriftzug wurde, indem ich ihn mit einem goldfarbenen Strich nachzog, wieder hervorgehoben.
Damit war das Bild im Rohbau fertig. Es hatte seinen Reiz, wie das Foto bestätigte, das ich vom Bild anfertigte. Ich habe es dann auf dem Handy und auf dem Rechner bearbeitet, ausgedruckt und den Druck wiederum an einigen Stellen mit diversen Filzstiften übermalt. Ich habe noch die eine oder andere Kleinigkeit ergänzt, geändert, oder was auch immer. Es gibt inzwischen zwei weitere in vieler Hinsicht ähnliche Varianten. Ich werde versuchen, eine davon auf Leinenstruktur drucken zu lassen und bin auf das Ergebnis gespannt.