11i-schatten
Als wir das erste Mal ein Konzert in der Elbphilharmonie besuchten, nahm ich das ganze Gebäude mit einer Empfindung ungläubigen Staunens wahr. Die Selbstverständlichkeit meiner Bewegungen in den Innenräumen dieses jahrelangen finanziellen Alptraums aus dem ein architektonisches Meisterwerk hervorgekrochen war, widersprach dem erwarteten Gefühl des Irrealen, das ich nach der Ewigkeit der Bauphase dieses Gebäudes für wahrscheinlicher gehalten hatte.
Die erste Etappe, die den Besucher erwartet, ist die epische Variante einer Rolltreppe, die sogenannte Tube. Die Treppe nahm uns mit nach oben, hinauf auf die 37 Meter hohe Ebene der Plaza, die einen grandiosen Rundblick gewährt. Während der Fahrt hinauf schauten die Fahrenden zunächst zurück zum Einstieg, der sich mehr und mehr entfernte, ohne dass schon für den zum Zielpunkt schweifenden Blick hinauf zu erkennen war, wo die Rolltreppenfahrt enden würde. Während das Unten sich mehr und mehr entfernte, näherte sich die Treppe ihrem Ziel. Oben ankommend, erwartete uns eine Wand aus Glas und Gegenlicht, die so intensiv strahlte, wie es eigentlich nur eine Kinoleinwand vermag. Für mich ein fast schockartiges, visuelles deja vu … die Erinnerung an einen meiner Lieblingsfilme der siebziger Jahre war unmittelbar.
Da war es wieder, das Strahlen aus „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ von Stephen Spielberg. Die Szene in den letzten Sequenzen des Films, als die lang erwartete Landung des Raumschiffs endlich stattgefunden hat, die Türen der Raumschiffs sich öffnen, und eine Art sakraler Blendung des Zuschauers geschieht, aus deren Lichtwand dann bald die Silhouetten der Außerirdischen heraustreten. Dieser Moment der sakralen Blendung schien sich hier zu wiederholen, und die Schatten der Irdischen Wesen, die im Raum der Elbphilharmonie vor uns standen, schienen auch das Staunen und die gespannte Erwartung zu wiederholen, die der Film hervorgerufen hatte. Ich machte schnell ein Foto und begann schon auf der Rückfahrt vom Konzert mit dem Versuch, diesen Moment einschließlich der Erinnerung, die er hervorrief, in ein Bild zu verwandeln.
Einige Zeit später, bei einem weiteren Besuch des Gebäudes, diesmal war es ein Konzert des Kronos Quartetts, machte ich ein weiteres Foto am gleichen Ort. Ich wählte bewusst eine weitere Perspektive und versuchte auch bei dieser Umsetzung die Assoziationen der ersten Begegnung ins Bild zu bringen. „Any tickets available?“ wollte ich in einer Sprechblase den Raumschiffen zuordnen, die ich diesmal explizit ins Bild hinein malte. Eine durchaus nachvollziehbar menschliche Frage der Außerirdischen. Und eine kleine Albernheit des Malers, die ich nicht wagte, tatsächlich ins Bild zu setzen. Vielleicht auch um das geradezu kindliche Glücksgefühl nicht zu stören, schon wieder Karten ergattert zu haben, und das besondere Erlebnis, unmittelbar dabei zu sein, wenn die künstlerische Darbietung, durch die Aura dieses Ortes geadelt wird.