weil diese nacht vollmond ist …
mondsüchtig / moonstruck
Ich wurde einmal gefragt, mit einem zwar wohlwollenden, aber doch auch leicht herausfordernden Lächeln, ob da nicht ein paar Monde zu viel auf meinen Bildern seien. Habe ich etwas falsch gemacht? fragte ich zurück. Als Malernovize findet man sich ja schnell in eine Ecke gedrängt, aus der man dann nicht mehr ohne Hilfe von außen herauskommt. So etwas wie Schuldgefühle stellen sich ein, die Hitze steigt einem zu Kopf und die Gedanken, sich ertappt fühlend, hämmern: warum nur, warum, warum überhaupt. Man kann sich natürlich auf den Eigensinn der küstlerischen Inspiration herausreden, die, klammheimlich, an der Vernunft vorbei, einem verschwörerisch zuraunt: Male Mond, du Dummkopf, male Mond! Und was bleiben einem dann noch für Möglichkeiten? Man will sich ja keine Feinde in diesen gehobenen Kreisen des eigenen Nervensystems machen.
Aber vielleicht habe ich ja auch ganz persönliche Gründe, meldet sich ein in Deckung gegangener Rest des Selbstbewusstseins, und sei es, dass man das Bild mit Mond einfach noch schöner findet. Hier entscheide doch wohl ich, der Maler des Bildes. Zudem würde man auf ein starkes Symbol verzichten, eins, auf das keine Kultur dieser Erde bislang verzichten mochte. Der Mond allein schafft in einem Bild zwar keine Bedeutung, aber zumal als Vollmond ist er ein Verweis auf den spezifischen Moment des im Bild Dargestellten. Ob der Mond durch seine Omnipräsenz zugleich auch trivial ist, und damit einen Störfaktor innerhalb einer Bildkomposition darstellt? Ich weiß nicht? Mir scheint er immer wieder gut zu passen.
Soweit, so gut! Aber was rede ich da? Ich habe schon gemerkt: wenn ich mich weiter in diese Richtung begebe, wird es mir nie gelingen, dem Thema näher zu kommen, über das ich eigentlich etwas erzählen möchte. Über meinen Lieblingsfilm. (Unseren Lieblingsfilm). Der heißt „Moonstruck“ im Original, „Mondsüchtig“ in der deutschen Übersetzung. Ein Pop-Artefakt, mit Cher und Nicolas Cage in den Hauptrollen, in dem nichts zufällig ist.
Das erschließt sich nicht unbedingt bei der ersten Betrachtung, aber jedes Wiedersehen mit dem Film bzw. des Filmes, wird zu einer Offenbarung. Es ist die Fülle an szenischen Themen, die sich vom Anfang bis zum Ende leitmotivisch und in Details wiederholen, wie das Opernthema, das Trauerthema, das Thema der leidenschaftlichen Liebe, der Blick auf die Schönheit und Vergänglichkeit des menschlichen Körpers, die Situation eines geselligen Zusammenseins beim Essen, die Binde- und die Fliehkräfte, die ein familiärer Zusammenhang hervorruft, und sehr wahrscheinlich noch weitere von mir hier ungenannte.
Dieser Film schafft es, alle diese Themen bei dauerndem Wechsel der Perspektive, immer wieder aufs neue für den Fortgang der Filmhandlung einzusetzen und den Zuschauer im Laufe des Films für das Leben mit all seinen Risiken und Unvorhersehbarkeiten zu begeistern. Mondsüchtig zu sein, sagt der Film, ist eigentlich lebenssüchtig zu sein. Im Medium der Mondschau erkenne und empfinde ich Leben selbst in seiner Vielfalt, Schönheit und Anmut. Der Mond ist ein einflussreicher Begleiter des Menschen, indem er uns als Katalysator für unsere Gefühle dient. LA LUNA. LA BELLA LUNA. Wie der Großvater im Film nicht nur einmal ausruft. Und auf diese Repräsentation des Wunderbaren will ich auch in meinen Bildern nicht verzichten.